Tja, der Ausflug in die Huangshan Berge, oder Yellow Mountains, wie sie in Englisch genannt werden, das war vielleicht eine Geschichte! Wie kam ich dazu? Vor einigen Monaten während der Vorbereitung meiner Reise stiess ich per Zufall im Google Earth auf eines der Bilder dieser spitzigen Bergen, mit Nebel umschwungen und knorrigen Kiefern bestückt. Davon war ich sehr angetan und ich sagte mir, da will ich hin! Ich investierte einige Zeit und recherchierte, wo sich die Berge genau befinden und was für Möglichkeiten es gibt, um dorthin zu kommen. Der Ort liegt etwa 600 km südwestlich von Shanghai. Für chinesische Verhältnisse also einen Katzensprung. Es gab auch ein von der Schweiz her arrangierter Ausflug dorthin, welcher ich hätte buchen können, dieser war mir aber viel zu teuer. Also legte ich im Vorfeld das Datum fest und buchte den Nachtzug von Shanghai nach Huangshan übers Internet. Als Ausländer kann man das über eine Agentur im Internet machen. Die Zugtickets sind hier immer auf einen Ausweis gebunden, somit muss man bei der Bestellung vom Ausland eine Kopie des Passes mitschicken. Die Zugtickets habe ich mir dann an mein Hotel in Peking ausliefern lassen. Alles hat bestens funktioniert, bis auf eine Kleinigkeit. Für den Hinweg konnte man mir leider keinen Platz im Schlafwagen sichern. Mangels Alternativen habe ich mich dann halt für einen Platz im normalen Sitzabteil entschieden. Die 12-stündige Fahrt dorthin war dann auch entsprechend mühsam. Ich habe kaum geschlafen. Der Zug war auch komplett voll. Dies gab mir schon eine vermutende Vorahnung, was sich hier anbahnte. Ich wusste ja, dass am 1. Oktober der chinesische Nationalfeiertag ist. Was ich aber nicht wusste, ist dass die Tage danach bis zum kommenden Wochenende in ganz China Public Holidays sind und alle Chinesen in irgendwelche Städte oder andere beliebte Ausflugsziele reisen. Das habe ich bereits in Shanghai in Form von komplett überfüllten Strassen und Metrostationen zu spüren bekommen. Das Ausmass dieses Umstands kann man sich kaum vorstellen.
Am nächsten Morgen in Huangshan angekommen, musste ich nochmals eine Stunde Busfahrt auf mich nehmen, der einem in die Scenic Area bringt. Dort herrschte bereits grosses Verkehrschaos. Unzählige Kleinbusse und Reisecars stauten sich vor dem Ortseingang. Danach musste ich meine Herberge kontaktieren, damit sie mich abholen kommen. Das hiess, nochmals durch das Verkehrchaos durch. So verflog die Zeit mit Transport- und Wartezeiten, dabei wollte ich eigentlich bereits heute in die Berge. Aber dazu brauchte es nochmals eine erneute Busfahrt, welche einem an die Luftseilbahn brachte. Dort war ich dann erst um gegen 15:30 angekommen. Ich entschied mich auf Grund der fortgeschrittenen Tageszeit nicht mehr die Gondel zu nehmen, sondern einfach mal den Fussweg nach oben in Angriff zu nehmen. Doch das machte kein Spass, denn der ganze Menschenstrom kam mir entgegen und man kam kaum forwärts. Frustriert und todmüde kehrte ich in meine Unterkunft zurück. Gesehen habe ich nichts ausser abertausende chinesische Touristen. Wayne, der Betreiber der Lodge, munterte mich mit einem feinen Essen und einem kühlen Bier wieder auf. Er ist zwar Chinese, lebte aber lange in den USA, so hatten wir uns einiges zu erzählen. Er sagte mir, dass sich nun während den Feiertagen rund 10 mal so viel Leute in diesen Bergpfaden rumtummeln als sonst, es dürften gegen die 50 Tausend sein. Damit ich am nächsten Tag dann doch noch etwas von der Szenerie mitbekomme, schlug er mir einen Plan für den nächsten Tag vor. Dies hiess dann um 4 Uhr aufstehen, frühstücken, Transport zum Busterminal, Anstehen für Ticket, Busfahrt zur Seilbahn, Anstehen für Ticket, Anstehen für Seilbahn, usw. Für die Seilbahn bin ich glatte 3,5 h angestanden. Ich war ein paar mal kurz davor die Übung abzubrechen, denn das Gedrängle und das laute Geschrei der Chinesen war einfach nur mühsam und nervig. Ich hielt aber durch und schaffte es bis 10 Uhr nach oben. Endlich! Ich habe es geschafft. Auch dort war das forwärts kommen auf den teils schmalen Pfaden nur im langsamen Tempo in den Menschen Kolonnen möglich. Aber mit dem einzigartigen Panorama und dem prächtigen Wetter was sich dort präsentierte, vergass ich die vergangenen Stunden und genoss jede Sekunde. Auf dem ersten Gipfel angekommen sagte ich mir, wenn ich im vorherein gewusst hätte, wie mühsam sich dieser Weg hier her gestalten würde, hätte ich das nie und nimmer gemacht, aber jetzt bin ich hier. Und ich erinnerte mich an Bernhard’s Worte: It’s once in a lifetime! Und das war es wirklich.
Um 12 Uhr musste ich bereits wieder den Rückweg ins Tal einschlagen, damit ich es wiederum rechtzeitig auf den Nachtzug schaffe. Somit habe ich leider nur einen kleinen Teil dieses Gebiets gesehen, aber es war trotzdem genial. Was für ein Tag!
Anstehen ohne Ende..
Seilbahn zu den Gipfel
Endlich oben!
Manchmal brauchte es Gottvertrauen in die chinesische Baukunst
Hallo Olivier,
ich hatte mich bereits gewundert wie lange ich noch auf einen Bericht von dir warten muss bei dem ich die lokale Befölkerung und deren Anzahl im Mittelpunkt des Tagesberichtes sehe. So stelllt man sich China als Unwissender vor. Ich wünsche dir auf jedenfall, dass die Lage sich beruhigt und die Chinesischen Feiertage ein Ende haben. Es macht mir immer wieder Spass auf deiner side zu schmökern. Liebe Grüsse aus der Linie an der Müllerstrasse. René
Sali Rene,
freut mich, dass dir die Reiseberichte gefallen. Ist sicher immer wieder für eine Ablenkung zwischen den Projektarbeiten gut. 😉
Viele Grüsse an die Müllerstrasse
Olivier